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In der Versammlung übernehmen beide Hinterbeine vom Pferd Gewicht, welches ansonsten von den Vorderbeinen getragen wird.

Der Begriff „Hankenbeugung“ kursiert in der Reiterwelt und verspricht wahre Wunder, wenn man sie denn beherrscht diese Hankenbeugung oder besser gesagt das Pferd. Hankenbeugung hat etwas Magisches. Jeder Reiter dessen Pferd schlaff oder steif auf der Vorhand daherschlürft, träumt davon. Aber was ist Hankenbeugung und wie kann man die Beugung der Hanken, der großen Gelenke der Hinterhand verbessern?

Hankenbeugung – Definition:

Als Hanken werden die großen Gelenke der Hinterhand bezeichnet. Von oben nach unten sind das Hüftgelenk, Kniegelenk und Sprunggelenk. Winkelt das Pferd diese Gelenke stärker an und tritt mit seinen Hinterbeinen weit nach vorne unter den Rumpf, so beugt sich auch das Lumbosakralgelenk, der Übergang zwischen dem Kreuzbein und der Lendenwirbelsäule. Damit wölbt sich der Rücken auf und hebt sich an. Zeitgleich wird die Bauchmuskulatur aktiviert und das Pferd trägt sein eigenes Gewicht und das des Reiters vermehrt über die Spannung der unteren (ventralen) Muskelkette.

Hankenbeugung ist die Grundlage für die Versammlung.

Die Fähigkeit des Pferdes die Hanken beugen zu können ist die Grundlage der Versammlung. Das Pferd kann mit seinen Hinterbeinen nur aktiv und fleißig weit nach vorne unter den Rumpf treten, wenn die Gelenke der Hinterhand geschmeidig und beweglich sind. Wenn das der Fall ist, wird die Vorhand entlastet, weil das Pferd beide Hinterbeine aktiver einsetzt. Jedes Hinterbein fußt gut unter den Rumpf und mehr in Richtung Körperschwerpunkt. Gewicht was ansonsten von der Vorhand getragen wird, verlagert sich dadurch auf die Hinterhand. Das Pferd richtet sich mit Kopf, Hals und Brustkorb mehr auf, trägt sich besser und gewinnt an Ausdruck und Kraft.
Sowohl am Boden, als auch im Sattel können wir diese positiven Veränderungen im Pferdekörper spüren. Das Pferd fühlt sich in unserer Hand leichter an und die Durchlässigkeit auf die Hilfen (z.B. in der ganzen Parade) verbessert sich.

Warum ein Katzenbuckel?

Zur Veranschaulichung stell dir vor du befindest dich selbst in einer Trainingseinheit zum Thema Rückenschule. Im Vierfüßlerstand auf Knien und Händen ähnlich einem krabbelnden Kind setzt du deine Knie nach hinten heraus. Somit senkt sich dein Rücken und du befindest dich im Hohlkreuz. Belasten wir den Rücken eines untrainierten Pferdes mit dem Reitergewicht, reagiert es (je nach Grundspannung der Muskulatur und Anatomie) auf die gleiche Art und Weise. Der Rücken sinkt nach unten ab.

Nun wieder zurück zu unserer Übung im Vierfüßlerstand auf Händen und Knien. Du veränderst abermals die Position deiner Knie und stellst sie dieses Mal weiter nach vorne unter den Körper. In dieser Position rundet sich dein Rücken und deine Bauchmuskulatur verkürzt sich. Du kommst in den sprichwörtlichen Katzenbuckel. Der Rücken des Pferdes verhält sich auf die gleiche Art und Weise.

Winkelt das Pferd die Gelenke der Hinterhand vermehrt und führt sie weit unter seinen Rumpf, hebt sich der Rücken und die Bauchmuskulatur spannt sich an. Lernt das Pferd, seinen Körper in dieser Art und Weise einzusetzen, kann es das Gewicht des Reiters optimal tragen. Muskeln, Sehnen und Bänder werden gestärkt und das Pferd gewinnt an Kraft und Stabilität.

Der Weg zur Hankenbeugung.

Um dem Pferd begreiflich zu machen, wie es seine Hinterbeine einsetzen soll, erarbeiten wir uns als Erstes die korrekte Längsbiegung auf dem Zirkel und in der Volte. Parallel dazu lernt das Pferd durch seitliches Übertreten den vorwärts-seitwärtstreibenden Schenkel zu verstehen. Wenn das gut klappt, folgt im nächsten Ausbildungsschritt das Schulterherein, wodurch sich Stellung, Biegung und Geschmeidigkeit weiter verbessern. Für diese Lektion ist es wichtig, dass das Pferd vorher gut an den äußeren Hilfen steht. Durch Kruppeherein/Travers, wird im nächsten Schritt das innere Hinterbein weiter gymnastiziert und die Hinterhand gekräftigt und mobilisiert. Eine in der Biegung nach Außen ausweichende Hinterhand kann durch ein leichtes Travers korrigiert werden. Halbe Paraden, Ganze Paraden und Rückwärtsrichten sind gute Kontrollpunkte für das Vorankommen in der Arbeit. Diese versammelnd wirkenden Lektionen sollten immer harmonischer, leichter und geschmeidiger gelingen.

Trainingslehre – Pausen sind wichtig.

Die Arbeit in diesen Übungen soll langsam und geduldig erfolgen. Viele Handwechsel lösen das Pferd und vermeiden einseitige Überlastung. Zwischen den Übungssequenzen ist es wichtig kurze Pausen im Stand oder im Schritt am hingegebenen Zügel einzubauen, so kann die beanspruchte Muskulatur sich wieder entspannen bevor der nächste Trainingsimpuls den Muskel fordert. Fehlen diese kurzen Pausen in der Arbeit, verkrampft und verspannt der Muskel und Widerstände bauen sich auf. Auch zwischen den Trainingstagen sollten je nach Trainingsintensität und Trainingszustand des Pferdes ein bis zwei Tage Pause liegen. So kann sich der Organismus vollständig Erholen und die Muskulatur bekommt genug Zeit zum Wachsen, bevor der nächste Trainingsreiz gesetzt wird. An diesen Pausentagen bietet sich ein ruhiger Ausritt, die Arbeit am Boden oder ein Spaziergang an.

Lass dir Zeit mit der Versammlung.

Auf dem Weg zur Versammlung wird die Hankenbeugung stetig verbessert. Es ist ein Prozess, der uns viele Jahre beschäftigt. Lass dir und deinem Pferd Zeit und freu dich über die gemeinsame Aufgabe.

Ich wünsche dir viel Spaß dabei.
Ellen

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